Vor allem im Norden und Nordwesten Australiens sind uns sehr häufig Aborigines begegnet. In den Städten sahen wir sie oft gruppenweise im Schatten eines Baumes sitzen. Auf dem Land waren sie in Siedlungen anzutreffen die auf uns, ähnlich wie die Indianersiedlungen in Kanada, nicht sehr gepflegt wirkten. Meistens waren die Aborigines unter sich, d.h. ganz selten trafen wir dunkel- und hellhäutige Australier gemeinsam. Es schien als ob die Aborigines in ihrem eigenen Land teilweise doch etwas fremd wären.
Die Bemühungen des Staates, die Kultur der Ureinwohner zu pflegen und zu unterstützen werden überall gerne grossgeschrieben. In fast jedem Visiterzenter werden Artikel mit Aboriginalkunst verkauft, vielerorts sind Infotafeln zur ursprünglichen Kultur des Landes angebracht, in grösseren Ortschaften gibt es Hilfszentren und Schulen für die Urbevölkerung.... Doch werden wir den Eindruck nicht los, dass hier in Australien wie in Kanada die Eingliederung der Ureinwohner des Landes nur bedingt gelungen ist. Die Geschichte des einst sehr naturverbunden Volkes zeigt uns, dass die Vergangenheit nicht so einfach wieder gutgemacht werden kann.
Als James Cook im 17. Jahrhundert Australien für England in Besitz nahm, galten die Intressen den Bodenschätzen und dem Platz für Gefangene. Die von Revolution und Macht getriebene engl. Regierung nahm kaum Notitz von den Aborigines. Lange Zeit sprachen die Wissenschaftler von Steinzeitmenschen, wenn sie über die Ureinwohner Australiens berichteten. Leider wird erst seit Ende des 20. Jahrhunderts erkannt, dass die Aborigines keine wilden, kulturlosen Menschen sind, sondern womöglich die ältesten menschlichen Völker, deren Kultur und Tradition in lückenloser Überlieferung bis zum Beginn der Schöpfung zurückreicht.
Nur sehr wenige Völker schafften es - wie die Aborigines - über Jahrtausende hinweg, den menschlichen Drang nach Macht und Fortschritt in jenem Masse zu halten, um weder Kultur noch Natur zu zerstören. Sie lebten weitgehend als Jäger und Sammler und schafften es, die natürlichen Kräfte in Harmonie und Fürsorglichkeit zu verbinden. Sie erkannten, dass Zufreidenheit, Liebe und Glück nur im anhaltenden Gleichgewicht aus Natur, Mensch und Schöpfung zu erreichen ist. Für die Aborigines ist klar, dass das Glück ebenso wie die Liebe in jedem von uns selbst seinen Ursprung findet.
Die ersten Wissenschaftler interessierten sich jedoch nicht für das Wissen der Ureinwohner, sondern bewerteten sie nach ihren Waffen. Menschen, welche keine Waffen hatten, galten als keine richtigen Menschen im Sinne eines materiell orientierten “ordentlichen“Empfindens von Recht und Eigentum. Dadurch entging uns “modernen Menschen“ leider ein Grossteil der Weisheit der Urvölker.
Aborigines, die Ureinwohner Australiens, sind kein einheitliches Volk, sondern bestehen aus Stämmen oder Clans mit unterschiedlichen Gebräuchen und Sprachen. Mit der Ankunft der Europäer ab 1788 sank ihre Zahl hauptsächlich wegen eingeschleppter Krankheiten, aber auch durch gewaltsame Konflikte mit den Siedlern um Landrechte. Etwa drei Viertel der heute rund 464.000 Aborigines leben in Städten und haben sich weitgehend der modernen Lebensweise angepasst. Die Behörden in Australien betrieben jahrzehntelang eine Politik, die die Lebensweise der Aborigines an die moderne Kultur anpassen wollte. Heute sind die Traditionen der Aborigines am ehesten im Nordaustralienerhalten geblieben. Dort leben sie in den meisten Orten unter sich und sprechen zu Hause eine indigene Sprache.
Sandra