Hsipaw

Nach 12 Stunden Fahrt im Nachtbus von Hpa-an nach Mandalay geht die Reise am Mittag gleich weiter. Unser Bus fährt in 6 Stunden von Mandalay nach Hsipaw, führt uns über enge Kurven in den Shan-Staat nahe der chinesischen Grenze. Der Chauffeuer kühlt die Bremsen bei einem Zwischenhalt mit einem Wasserschlauch. Wir fangen an, über Wiedergeburt nachzudenken.

Nach eineinhalb Tagen kommen wir endlich im Dorf Hsipaw an und sind froh über den funktionierenden Abholservice des Guesthouses Mr. Charles. In diesem Bergdorf lebte bis 1962 der letzte Shan-Fürst, als General Ne Win die Macht ergriff und dem Land mehr schadete als nützte. Die letzte Prinzessin der Shan war eine Österreicherin und hat ihre überaus spannende Lebensgeschichte in dem Buch “Mein Leben als Sao Thusandi Prinzessin der Shan“ niedergeschrieben.


Obwohl zunehmend touristisch, fühlen wir uns in diesem Bergdorf mit seinen überaus freundlichen Bewohnern sehr wohl. Die ersten Langnasen solllen erst 1992 den Weg hierher gefunden haben. Die Nächte sind deutlich kühler. Auch zum schlafen im Zimmer ziehen wir uns wärmer an. Hier gibt's ja keine Heizungen, nur Klimaanlagen. Wir geniessen den Spaziergang durch den unverfälschten Markt. Frühmorgens bieten Angehörige der umliegenden Bergstämme ihre Waren an, die zu Fuss oder mit dem Boot hierher pilgern. Der chinesische Einfluss ist überall sichtbar. Auf dem Markt werden Textilien im Überfluss und zu Spottpreisen angeboten. Textilien werden auch noch auf alten Nähmaschinen aus edlen Stoffen gefertigt und sehr günstig angeboten. Den Leuten hier Kleider zu schenken, wäre deshalb Wasser in die Aare bzw. den Ayeyarwady getragen. Bei jedem Dorfspaziergang erhalten wir neue kleine Einblicke in den burmesichen Alltag: ein Hochzeitsfest, völlig überladene Fahrräder, betelkauende Männer beim Tee oder Fussball spielen (Fussbälle aus Bambus!), uralte laute Traktoren mit Holzverschalung, Frauen mit grossen Körben auf dem Kopf oder beim Wäsche waschen am Fluss, Männer beim Flechten von Bambuswänden, junge Leute mit ihren Mopeds und Handys... Unterwegs mit dem Fahrrad erkunden wir die übersichtliche Stadt und nähere Umgebung bis in jede Ecke. Immer wieder gibt es Neues zu entdecken.


Vor der Weiterreise nach Bagan unternehmen wir noch eine 2-tätige geführte Tour ins nächste Bergdorf, das wir nach einem rund 4-stündigen Fussmarsch verschwitzt erreichen. Das Dorf hat erst seit 5 Jahren Trinkwasser. Der Strom wird mit Sonnenkollektoren erzeugt, die dem Dorf vor ca. 7 Monaten von einem Inder geschenkt wurden. Im Schulhaus, einem einzigen grossen Raum, werden 80 Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse unterrichtet. Erst seit einem Jahr wird diese Aufgabe zwischen 5 Lehrpersonen aufgeteilt. Zuvor gab es in diesem Dorf für alle Altersstufen nur einen Lehrer. Für die Kinder der oberen Schulklassen soll sich die Situation in den nächsten Jahren auch verbessern. Der Staat plant diese Klassen ebenfalls im Dorf zu unterrichten und somit würde der Schulweg von tägl. zweimal 2Stunden entfallen.


Trotz ersten Berührungen mit Touristen scheinen die rund 700 Dorfbewohner ihre Kultur und Einfachheit bewahrt zu haben. Wir hoffen, noch lange. Die Gastfreundschaft der Einheimischen ist übraus herzlich und wir fühlen uns in diesem friedvollen Dorf sehr wohl. Die Ruhe und Gelassenheit, die dieser Ort und dessen Bewohner ausstrahlen überträgt sich auch auf uns. Wir sind fasziniert wieviel Entspannung diese Einfachheit von Leben mit sich bringt.

 

In Hsipaw feierten wir auch den 9. Geburtstag von Mara (vgl. Sep. Blog). Leider hat es mit der Schoggitorte nicht geklappt, über die zahlreichen Gratulationsmails hat sie sich umso mehr gefreut. Hsipaw ist ein Ort, den wir sicher noch lange in guter Erinnerung behalten.


Tom