Endstation Mai Chau?

Da das trübe Wetter der Tage im Cuc Phuong Nationalpark keine bessere Aussichten zu verheissen wusste, reisten wir weiter in die Bergregion um Mai Chàu. Die mehrstündige Fahrt in einem Lokalbus über die Berge war alles andere als entspannend. Der Fahrer schien in allen Rythmen und Lautstärken für ein Hupekonzert zu üben und zugleich auch noch ein Strassenrennen gewinnen zu wollen.

Zu guter Letzt hiess er uns bei der Endstation(?) auch noch mitten auf einer Passstrasse auszusteigen. Bei diesem Regenwetter tröstete auch die schöne Aussicht über das Mai-Chau-Tal nicht über die Situation hinweg, dass wir einsam und verlassen auf dieser steilen, kurvenreichen Strasse stehen gelassen wurden. Na ja, ganz so einsam waren wir doch nicht. Wir wurden von einem “freundlichen“ Motorradfahrer empfangen, der uns sogleich eine Unterkunft in seinem Homestay anbot und uns gerne ein Taxi organisierte. Der Fahrer des Busses sei sein Freund, hätte ihn angerufen, da er uns wegen einer Polizeikontrolle nicht an der üblichen Haltestelle herauslassen könne (eine gute Geschichte, oder?). Es blieb uns also keine ander Wahl um erst einmal mitzugehen und uns die Unterkunft anzuschauen.


Wie es sich zeigte muss nicht immer alles so sein wie man denkt. Die Tage bei unserem “Retter“ wurden denn auch zu sehr erholsamen Tagen in unaufdringlicher familiärer Atmosphäre. Das traditionelle Stelzenhaus ausserhalb Ban Lac war schön gelegen und hatte einen riesigen grossen Schlafraum mit Bastmatten, wo für uns drei Rollmatratzen ausgelegt wurden. Trotz Regenwetter hatten wir genügend Platz, um uns frei im und unter dem Haus zu bewegen. Ausserdem wurden wir mit leckeren lokalen Speisen verwöhnt und fühlten uns an diesem freundlichen, ruhigen Ort einfach sehr wohl.


Leider liessen es die nassen Tage nicht zu, lange Wanderungen in die umliegenden Bergdörfer, in denen verschiedene Minderheiten leben zu unternehmen. Auf kurzen Spaziergängen und einer Velotour konnten wir dennoch ein wenig in das Leben der Bergvölker einsehen. Siedlungen von Stelzenhäusern, umgeben von Reisfeldern und Gemüsegärten prägen das Bild in dem 400 m hohen Mai-Chau-Tal. Die Leute scheinen ihre Arbeit dem Rythmus der Natur anzupassen. So sahen wir viele Menschen einfach unter dem Schutz ihrer Stelzenhäuser  gemütlich zusammensitzen oder irgendwo schlafen, bis sich die Regenwolken wieder verzogen hatten. Obwohl diese Gegend schon seit 20 Jahren von Touristen besucht wird, konnte sie einen Grossteil ihrer Authentizität bewahren. Nur wenige Hotels sind hier anzutreffen. Dafür ist das Übernachten in den Häusern der Einheimischen weit verbreitet. In Ban Lac scheint zudem fast jede Familie vom Verkauf bunter Webereiartikel zu leben. In vielen Häusern sieht man die Frauen an alten Webstühlen sitzend und die Stände mit Taschen, Kleidern, Schals etc. in allen Farben reihen sich durch das ganze Dorf. Auch wir konnten da nicht wiederstehen.


Sandra