Während unserer Reise um die Welt haben wir uns daran gewöhnt, ein Auto zu mieten wenn wir es benötigen oder unsere Mobilitätsansprüche über den öffentlichen Verkehr abzudecken. Da wir auch nach unserer Rückkehr in die Schweiz keinen konkreten Grund sahen, ein Auto anzuschaffen, besitzen wir noch heute kein eigenes. Für unsere Generation ein eher ungewohntes Gefühl, stand doch auch bei uns fast 30 Jahre lang ein Selbst-Beweger direkt vor der Haustüre oder in der Garage. Welch ein Luxus. Umso interessanter zu er-fahren wie es ist, auf fremde Autos angewiesen zu sein. Wir merkten, dass die allermeisten Autos die meiste Zeit nur rumstehen. Selbst die Hunde werden öfter bewegt. Immerhin sind wir Mobility-Mitglied, und auch die Schwiegereltern sind sehr großzügig mit dem Auslehnen ihres Subarus. So gesehen, könnten wir auch gänzlich auf ein eigenes Fahrzeug verzichten.
Es gibt allerdings einen guten Grund, um nicht zu sagen eine Ausrede, weshalb wir unbedingt ein Fahrzeug benötigen: unser Wohnwagen Jahrgang 2003. Dieser steht nämlich immer noch in Giswil OW in einer Scheune und wartet geduldig darauf, bewegt zu werden. Das künftige Fahrzeug muss ein paar Kriterien erfüllen: eine Anhängelast von mind. 1300kg, Anhängerkupplung, vier Räder, geprüft ab MFK. Also eine ziemlich einfache Sache. Denkste. Nach der Eingabe der Parameter im Autoscout erscheinen 2499 Autos. Also muss der Suchfilter noch angepasst werden mit Farbe, Alter, SUV oder Kombi, Automat oder manuell, Diesel oder Benziner, gefahrene Kilometer usw. Der Rechner liefert nur noch 481 Fahrzeuge! Der Teufel liegt auch hier im Detail: die Serienausstattungen unterscheiden sich weiter in Punkten wie Bordcomputer, Multifunktionslenkrad, Tempomat, Innenlicht-Abschaltverzögerung, Gutstraffer vorne und hinten, Make up-Spiegel beleuchtet, Schalthebelknauf in Leder, Sitze mit Schleudertrauma-Schutzsystem, Abblendlichtausschaltverzögerung „Follow me home“, Tagfahrlicht, BAS, ABS, Partikelfilter und Oxydationskatalysator. In welcher Welt leben wir? In Laos oder Kambodscha ist es schon ein Luxus, einen fahrbaren Untersatz mit zwei oder vier Rädern zu besitzen. Niemand stört es, wenn die Fahrertür fehlt oder der Boden durchgerostet ist. Von unserem Luxusproblem sind sie noch weit entfernt. Auch die Fragen der Sicherheit oder Versicherung scheint da niemand zu kümmern.
Bei der Auswahl der Marke geht es in der Schweiz oft auch um das Prestige. Irgendwie komisch, denn seit dem Leasing können Autos ja auch fast ohne Geld gefahren werden. Ich selber lebe immer noch den Grundsatz „alt, aber bezahlt“ und mache mir sogar noch Gedanken über den ökologischen Aspekt. Klar, ein Auto mit Verbrennungsmotor kann gar nicht grün sein, höchstens weniger oder mehr die Umwelt belasten. Ob Toyota, Kia, Skoda, Seat, VW, Volvo, Nissan, Peugeot, Hyundai, Opel oder Renault spielt gar keine so gross Rolle, es ist eine Stilfrage wie bei Migros oder Coop. Frauen haben es da etwas einfacher, die entscheiden öfters einfach nach der Farbe.
Letztendlich haben wir uns gefragt, wie fest wir uns wieder in diese Konsumwelt einlassen und abhängig machen wollen. Auch die Folgekosten für Versicherung, Garage/Abstellplatz und Unterhalt sind ja fast so hoch wie die Krankenkasse. Das Auto als Symbol von Status, unbegrenzter Freiheit, Individualität, Spass, Freizeit und Mobilität hat für mich heute noch einen tieferen Stellenwert. Und dennoch werde ich das nächste Auto wieder extrem schätzen wenn es darum geht, den Karton und die Glasflaschen bequem zur Entsorgungsstelle zu fahren oder uns wieder einmal ganz spontan ein Picknick am Bodensee zu gönnen.
Thomas